Ungarische Medienzensur komplett

22.12.2010 –  Die Ungarische Regierung hat nach der Verabschiedung ihres umstrittenen Mediengesetzes nun alle Kontrollbehörden mit treuen Parteileuten besetzt. Vier von insgesamt fünf Mitgliedern des Medienkuratoriums sind Funktionäre der Regierungspartei Fidesz, die fünfte Stelle wird vom Rundfunk selbst besetzt. Bereits im November hatte das Parlament alle fünf Mitglieder des ausführenden Medienrates mit treuen Gefolgsleuten der Regierung bestückt.

Bock und Gärtner: Károly Szadai kontrolliert nun Annamaria Szalai

Vorsitzender des Kontrollgremiums wird Károly Szadai. Er war während der ersten Fidesz-Regierung von 1998 bis 2002 Kabinettschef des Geheimdienstministers, später der Fidesz-Delegierte und Vorsitzende im Medienrat des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Ungarn. Ebenfalls für drei Jahre in das Aufsichtsgremium gewählt wurde Monika Balatoni. Sie hatte erst vor wenigen Wochen einen 4,3 Mio Forint umfassenden Beratervertag mit dem ungarischen Informationsministerium abgeschlossen, um diese in Fragen der strategischen Kommunikation zu beraten und das Image des Landes in der Welt zu steigern.

Währenddessen wurde bekannt, dass die Vorsitzende sowohl der Medienbehörde wie auch des Medienrates, Annamária Szalai, am Tag vor der Verabschiedung des neuen Mediengesetzes an einer vertraulichen Fraktionssitzung der Regierungspartei Fidesz teilgenommen hat. Fachleute werten dies als einen Verstoß gegen das Mediengesetz, das sie zu parteipolitischer Neutralität verpflichtet. Szalai erhielt durch das am selben Abend verabschiedete Gesetz weitestgehende Vollmachten und darf ab 2011 über praktisch alle Inhalte der in Ungarn zugänglichen Medien richten. Die OSZE hatte das neue Gesetz als Zensur bezeichnet.

Der gestern aus Protest gegen das neue Mediengesetz für eine Minute schweigende Chefredakteur der Radiosendung ‚180 Minuten‘, Attila Mong, wurde noch am gleichen Tag von seinem Posten entfernt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk Kossuth Rádió will ein Verfahren gegen ihn und einen weiteren Mitarbeiter einleiten, weil Mong nicht im Sinne des Senders gehandelt, sondern aus eigener Motivation eine Schweigeminute eingelegt hatte.

 

Eine Protestseite gegen das neue Mediengesetz findet sich unter: http://www.facebook.com/pages/Egymillioan-a-magyar-sajtoszabadsagert/169854769717975